Willkommen in meinem Literatursalon
Irmtraud_Gutschke

Lesen macht glücklich, weil es uns sagt, wer wir sind und wer wir sein wollen, weil wir über uns hinauswachsen, in fremder Haut erleben dürfen, was uns sonst verschlossen bliebe. Heutzutage scheinen wir ja in Informationen zu ertrinken und haben doch das Gefühl, dass uns Wichtiges fehlt. Was ich suche, sind Bücher, die in diesem Sinne nachdenklich machen, ja auch solche, von denen ein Leuchten ausgeht. Viele Jahrzehnte habe ich als Literaturredakteurin mit Hunderten, ja Tausenden von Texten zu tun gehabt, auch selber Bücher geschrieben. Die Neugier auf Neues will ich hier mit anderen teilen.

„literatursalon.online“: Stellen Sie sich vor, wir sind zusammen in einem schönen Saal, und Sie möchten von mir wissen, was sich zu lesen lohnt. Was interessiert Sie denn, frage ich zurück. Politische Sachbücher? Gute Romane und Erzählungen? Spannende Krimis? Bildbände, die man immer wieder betrachten möchte? Mit meiner Auswahl lade ich Sie zu Ihren eigenen Entdeckungen ein.

Irmtraud Gutschke

Wenn Sie mehr über mich erfahren wollen - meine Biografie, meine Bücher und Veranstaltungen - , schauen Sie auf meine Webseite www.irmtraud-gutschke.de

Die besten Gruselklassiker

Entspannung durch Spannung

Irmtraud Gutschke

„Grusle dich gemütlich ein!“ Ein gelungenes Motto hat der Verlag diesem Buch gegeben. Denn diese Geschichten, so aufregend sie sind, haben am Ende gar etwas Entspannendes. Zumindest dadurch, dass man abgelenkt wird von all dem, das in einem wühlt. Auch enden sie zumeist mit einem Sieg des „Guten“ über das „Böse“, wobei klar ist: Beides ist – oft auch im einzelnen Menschen – in einem dialektischen Wechselspiel.

Doch dies ist ein Buch für Kinder ab neun. So prächtig, wie es gestaltet ist, wird es Eltern und Großeltern sofort ins Auge fallen. Ja, es ist wirklich ein wundervolles Weihnachtsgeschenk. Aber vorher wird es garantiert selbst angeschaut und gelesen. Zehn berühmte Geschichten – die meisten entstammen der englischen Schauerromantik, die im 19. Jahrhundert ihre Blütezeit erlebte, aber bis in die Gegenwart im Unterhaltungsgenre weiterlebt. Denn das Real-Unheimliche findet dadurch eine geistige Kompensation.

Ob Kinder das auch brauchen? Auf jeden Fall suchen sie den Thrill. Wenn sie sich zu Halloween als Vampire verkleiden, kommt ihnen „Dracula“ von Bram Stoker wie gerufen. Bei „Frankenstein“ von Mary Shelley mögen sie an die Gefahren denken, die von humanoiden Robotern ausgehen könnten. Aber darauf folgt „Das verräterische Herz“ von Edgar Allan Poe. Das erinnert mich an meine Internatszeit, als ich nach diesem amerikanischen Autor geradezu süchtig war und mich nach abendlichem Schmökern kaum noch über den dunklen Flur zur Toilette traute. Will sagen: Eltern und Großeltern müssen selbst entscheiden, was sie dem Nachwuchs zumuten können. Viele Erwachsene finden ja sogar Grimms Kindermärchen zu gruslig. Dass „Hänsel und Gretel“ hier zu den „Gruselklassikern“ gezählt wird, mag sie darin bestätigen. Für sie selbst allerdings wird dieser Band eine wunderbare Leseanregung sein.

Wobei das Erlebnis umso größer ist, wenn man zu den Originaltexten greift. „Die Sage von der schläfrigen Schlucht“ von Washington Irving, „Das Bildnis des Dorian Gray“ von Oscar Wilde, „Die Geisterpiraten“ von William Hope Hodgson – sie leben doch von ihrer Atmosphäre, von der Kunst der Autoren, Spannung aufzubauen. Daran reichen verkürzte Nacherzählungen wie hier nicht heran. Und so wird der Lektüre dieses so faszinierenden Buches auch bei Kindern vielleicht ein Weg in die Bibliothek folgen, wo sie nach „Der seltsame Fall des Doktor Jekyll und Mister Hyde“ von Robert Louis Stevenson oder „Die Mumie“ von Arthur Conan Doyle fragen und hoffentlich fündig werden.

Die besten Gruselklassiker. Nacherzählt von Altea Villa. Illustriert von Victor Medina. Aus dem Englischen von Henriette Zeltner-Shane. arsEdition, 96 S., geb., 16,99 €.

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