Willkommen in meinem Literatursalon
Irmtraud_Gutschke

Lesen macht glücklich, weil es uns sagt, wer wir sind und wer wir sein wollen, weil wir über uns hinauswachsen, in fremder Haut erleben dürfen, was uns sonst verschlossen bliebe. Heutzutage scheinen wir ja in Informationen zu ertrinken und haben doch das Gefühl, dass uns Wichtiges fehlt. Was ich suche, sind Bücher, die in diesem Sinne nachdenklich machen, ja auch solche, von denen ein Leuchten ausgeht. Viele Jahrzehnte habe ich als Literaturredakteurin mit Hunderten, ja Tausenden von Texten zu tun gehabt, auch selber Bücher geschrieben. Die Neugier auf Neues will ich hier mit anderen teilen.

„literatursalon.online“: Stellen Sie sich vor, wir sind zusammen in einem schönen Saal, und Sie möchten von mir wissen, was sich zu lesen lohnt. Was interessiert Sie denn, frage ich zurück. Politische Sachbücher? Gute Romane und Erzählungen? Spannende Krimis? Bildbände, die man immer wieder betrachten möchte? Mit meiner Auswahl lade ich Sie zu Ihren eigenen Entdeckungen ein.

Irmtraud Gutschke

Wenn Sie mehr über mich erfahren wollen - meine Biografie, meine Bücher und Veranstaltungen - , schauen Sie auf meine Webseite www.irmtraud-gutschke.de

Was tun, wenn …

Allein im Wald oder in einer Höhle?

Irmtraud Gutschke

„Ein Mutmachbuch in zehn Geschichten!“, nennt es der Verlag. Für Kinder ab zehn ist es gedacht. Die dürfen aber nicht allzu dünnhäutig sein. Im hiesigen Wald einem Bären zu begegnen, ist eher unwahrscheinlich. Da ist es leicht, für den Rat dankbar zu sein, nicht wegzulaufen, sondern sich langsam zu enfernen, ohne ihm den Rücken zuzukehren. Notfalls soll man sich auf den bauch legen und sich tot stellen. Wenn dir ein Bär folgt, ist es gut, einen Rucksack oder ein Kleidungsstück fallen zu lassen, weil ihn das ablenkt. Stimmt, das habe ich schon bei einer Autorin gelesen, die in der Taiga mit Bären zu tun hatte. Aber, wie gesagt, im Thüringer Wald oder in Bayern sind sie eher selten.

Erdbeben kann es bestenfalls im Auslandsurlaub geben, da sind Kinder ja hoffentlich nicht allein. Aber dass man bei Gewitter draußen ist oder es brennt im Haus, das kann passieren. Gut zu wissen, dass man sich in ein Zimmer zurückziehen, die Türen abdichten und die Feuerwehr alarmieren soll, wenn man nicht mehr aus dem Haus kommt. Aber dann wird es tatsächlich brenzlig. Dass man beim Schwimmen aufs Meer gezogen wird, man könnte ja denken sicher zu sein, wenn ein Erwachsener dabei ist. Das Bild im Buch zeigt allerdings Vater und Sohn, die sich auf den Rücken gelegt haben und „floaten“ um Kraft zu sparen. Sie halten sich an den Händen, und das Kind lacht. Na toll. „Zwölf Stunden sollen sie auf dem Meer getrieben sein, ehe ein Fischer sie bemerkte und Hilfe holte.

Allein im Wald oder in einer Höhle? Wie gesagt, Zehnjährige können die Vorstellung unterhaltsam finden wie einen Geisterfilm oder sie bringt ihnen böse Träume. Die preisgekrönte Autorin Laura Momo Aufderhaar und die Gestalterin Verena Hochleitner haben die Geschichten „gemeinsam in Wort und Bild gegossen, mit dicken Pinselstrichen in Tusche, rauen Kreidestrichen, Experimenten in Ölfarbe und Frottagen für die Hintergrundstruktur“. So heißt es aus dem Kunstanstifter Verlag heißt, wo man, wie der Name schon sagt, mit jeder Publikation ein Stück Kunstförderung im Sinn hat. Immer wieder unkonventionell, immer wieder etwas ganz Besonderes.

Vielleicht ist es ja wirklich ein Kinderbuch im Auge. Ich werde es aber gleichzeitig in der Rubrik Ratgeber einordnen, weil das Verhalten bei Katastrophen hier schlüssig und übersichtlich dargestellt ist. Insofern ist es tatsächlich ein Mutmachbuch, auch für Erwachsene, weil Wissen in gewisser Weise Ermächtigung bedeutet.

Verena Hochleitner und Laura Momo Aufderhaar: Was tun, wenn … Kleine Hilfe bei großen Katastrophen. Kunstanstifter Verlag, 66 S., geb., 25 €.

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