Die Verhältnisse, wie sie sind
Irmtraud Gutschke
Eine Ausgabe von Brechts berühmter „Dreigroschenoper“, wie es sie vorher noch nie gab. Eigentlich ist Katja Spitzer vornehmlich als Illustratorin von Kinder- und Jugendbüchern bekannt geworden. 1979 geboren, studierte sie Kunstgeschichte und Geschichte in Halle, sowie Illustration an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig. Auch hat sie verschiedene Konzepte für Kreativ- und Zeichenworkshops für Kinder und Erwachsene entwickelt. Man muss als Freiberufliche schließlich von etwas leben. Diesmal ein Buch für Erwachsene – nicht in Grautönen, wie es der „Dreigroschenoper“ vielleicht gemäß gewesen wäre, sondern spielerisch bunt, in klarer Zeichnung und begeisternder Farbigkeit.
„Glotzt nicht so romantisch!“ mit diesem Spruch hat Bertolt Brecht zur Uraufführung seines Stücks „Trommeln in der Nacht“ 1922 die Zuschauer vielleicht brüskiert, sich aber dadurch gerade interessant gemacht. Die „Dreigroschenoper“, unter Mitarbeit von Elisabeth Hauptmann entstanden, wurde am 31. August 1928 im Theater am Schiffbauerdamm uraufgeführt, das seit 1954 Berliner Ensemble hieß. Kaum zu zählen, wie viele Aufführungen es später noch weltweit gab. Und „glotzten“ die Zuschauer „romantisch“? Klar, das taten sie. Hatten sich theaterfein gemacht und wollten sich unterhalten lassen. Hatten schließlich dafür bezahlt.
Also geben wir doch zu, dass auch diese Buchausgabe herrlich unterhaltsam ist. Action pur von Beginn bis zum überraschenden Schluss. Denn Mackie Messer, der schon unterm Galgen stand, wird nicht nur begnadigt, sondern sogar noch in den Adelsstand erhoben. „Ihr Herrn, bildet euch da nur nichts ein, der Mensch lebt nur von Missetat allein!“, singt der Chor. Absolut ohne Illusion über die Verhältnisse, in der er lebte, hat Brecht mit seiner „Dreigroschenoper“ ein großartig aufmüpfiges Spektakel geschaffen, das unterschwellig eine Warnung an Herrschende ist. „Erst kommt das Fressen, dann die Moral“ – allzu gern möchte man dem berühmten Zitat widersprechen, gelang es in der Geschichte doch immer wieder, die Armen zu besänftigen, sodass sie sich nicht gegen jene zur Wehr setzten, die an ihnen profitierten. Brechts „Dreigroschenoper“ aber ist eine Kampfansage.
Bertolt Brecht: Die Dreigroschenoper. Illustriert von Katja Spitzer. Suhrkamp,
167 S., geb., 34 €.