Willkommen in meinem Literatursalon
Irmtraud_Gutschke

Lesen macht glücklich, weil es uns sagt, wer wir sind und wer wir sein wollen, weil wir über uns hinauswachsen, in fremder Haut erleben dürfen, was uns sonst verschlossen bliebe. Heutzutage scheinen wir ja in Informationen zu ertrinken und haben doch das Gefühl, dass uns Wichtiges fehlt. Was ich suche, sind Bücher, die in diesem Sinne nachdenklich machen, ja auch solche, von denen ein Leuchten ausgeht. Viele Jahrzehnte habe ich als Literaturredakteurin mit Hunderten, ja Tausenden von Texten zu tun gehabt, auch selber Bücher geschrieben. Die Neugier auf Neues will ich hier mit anderen teilen.

„literatursalon.online“: Stellen Sie sich vor, wir sind zusammen in einem schönen Saal, und Sie möchten von mir wissen, was sich zu lesen lohnt. Was interessiert Sie denn, frage ich zurück. Politische Sachbücher? Gute Romane und Erzählungen? Spannende Krimis? Bildbände, die man immer wieder betrachten möchte? Mit meiner Auswahl lade ich Sie zu Ihren eigenen Entdeckungen ein.

Irmtraud Gutschke

Wenn Sie mehr über mich erfahren wollen - meine Biografie, meine Bücher und Veranstaltungen - , schauen Sie auf meine Webseite www.irmtraud-gutschke.de

In sieben Koffern um die Welt

Ein Sammelsurium-Spiel

Irmtraud Gutschke

Hosen, Hemden, Schuhe .. Was nimmt man denn normalerweise mit auf Reisen, kann man Kinder fragen, bevor man mit ihnen zusammen dieses herrlich bunte Buch aufschlägt. Denn der Witz ist: Dieses „Normalerweise“ gilt hier nicht. Es sind ganz besondere Leute, die ihr Gepäck zu Herrn Walis bringen. „Rund um die Uhr“ ist sein Haus in einer „großen Hafenstadt“ geöffnet. Mancher, wie der „Bonbon-Agent“ lässt seinen Koffer nur für ein paar Stunden da, andere bitten um eine Aufbewahrung für längere Zeit, und einige haben ihre Koffer gar vergessen. „Was ist ein Bonbon-Agent“, würde meine Enkelin fragen. „Nun, er hat Süßkram aus aller Welt im Koffer. Siehst du die verschiedenen Aufschriften? Was ihm selber schmeckt, so wünscht er es sich, soll auch hier hergestellt werden. Und, schau mal, was hat er denn noch dabei?“ – „Alles, was man fürs Zähneputzen braucht, weil Süßes nicht gut für die Zähne ist.“

Lustig war’s , nun aber wird es ernst. Denn wir blicken in den Koffer eines Jungen, „der mit seiner Familie vor einem Krieg geflüchtet ist“. Da dürfte ich eine Menge zu erklären haben, und dann wundern wir uns beide: Hat dieser Dani doch tatsächlich seine Katze Mau in den Koffer gepackt, in den er vorher Luftlöcher geschnitten hat. Gut, dass Herr Walis, das Gepäck geöffnet hat (was er eigentlich nicht darf), nun kann die Katze bei ihm wohnen.

„Und was war seiner Enkeltochter wichtig, die das Meer über alles liebt? Wollen wir mal zusammen raten?“ „Ein Schiff?“ „Aber das ist doch viel zu groß. Schauen wir zusammen nach!“ – „Na gut, alles dabei, aber ein Slippi fehlt.“ – „Da nimmt sie eben den trockenen Badeanzug, wenn der andere nass ist. Sie hat doch zwei dabei.“ – „Aber sie kann doch nicht im Badeanzug durch die Stadt laufen.“ – „Nun, wenn sie ihr Quallen-T-Shirt drüber zieht.“

Ein großes Vergnügen dürfte es für Fünf- bis Achtjährige sein, zusammen mit Eltern oder Großeltern dieses Buch zu betrachten. Garantiert hat die gemeinsame Arbeit auch Roberta Schneider und Katja Spitzer Spaß gemacht. Eine Geheimagentin und eine Außerirdische haben ihre Koffer nicht wieder abgeholt. Ganze Romane könnte man sich dazu ausdenken. Wie auch über Herrn Walis selbst und seine liebsten Erinnerungen.

Und all die so verschiedenen Dinge haben ja auch Bezeichnungen, die zu erklären sind. Was für ein wunderbares Sammelsurium! Was für ein spannendes Spiel!


Roberta Scheider und Katja Spitzer: In sieben Koffern um die Welt. Insel Verlag,
32 S., geb., 16 €.-

Weiter Beitrag

Antworten

 

© 2025 Literatursalon

Login