Willkommen in meinem Literatursalon
Irmtraud_Gutschke

Lesen macht glücklich, weil es uns sagt, wer wir sind und wer wir sein wollen, weil wir über uns hinauswachsen, in fremder Haut erleben dürfen, was uns sonst verschlossen bliebe. Heutzutage scheinen wir ja in Informationen zu ertrinken und haben doch das Gefühl, dass uns Wichtiges fehlt. Was ich suche, sind Bücher, die in diesem Sinne nachdenklich machen, ja auch solche, von denen ein Leuchten ausgeht. Viele Jahrzehnte habe ich als Literaturredakteurin mit Hunderten, ja Tausenden von Texten zu tun gehabt, auch selber Bücher geschrieben. Die Neugier auf Neues will ich hier mit anderen teilen.

„literatursalon.online“: Stellen Sie sich vor, wir sind zusammen in einem schönen Saal, und Sie möchten von mir wissen, was sich zu lesen lohnt. Was interessiert Sie denn, frage ich zurück. Politische Sachbücher? Gute Romane und Erzählungen? Spannende Krimis? Bildbände, die man immer wieder betrachten möchte? Mit meiner Auswahl lade ich Sie zu Ihren eigenen Entdeckungen ein.

Irmtraud Gutschke

Wenn Sie mehr über mich erfahren wollen - meine Biografie, meine Bücher und Veranstaltungen - , schauen Sie auf meine Webseite www.irmtraud-gutschke.de

Ingo Schulze: Die Kuh Ute

Sehnsucht Superstar

Über Talente und „Die Kuh Ute“ von Ingo Schulze und Hanna Zeckau 

Von Irmtraud Gutschke

Das Titelbild von Hanna Zeckau zeigt eine Kuh, die bei Vollmond einen Salto dreht. Gibt’s doch gar nicht? Das sagen nur Erwachsene. Kleine Kinder ab vier, für die das Buch gedacht ist, haben für Sinnbildliches sehr wohl einen Sinn. Ute ist von klein auf besonders hübsch und gesangsbegabt. Und sie hat Glück: Der Neid der anderen trifft sie nicht, zudem findet sie in Franziska eine Freundin, die ebenso selbstbewusst und unternehmungslustig ist. Besonders schön das Bild von Hanna Zeckau, auf dem beide mit einem Grashalm spielen.

Es gab eine Rezensentin, die andere Bücher über Kühe witziger fand, aber Ingo Schulze erzählt doch die Geschichte eines Sonntagskindes. Wie soll, kann jemand leben mit besonderen Talenten? Wie ist es, wenn der Ehrgeiz erwacht, damit berühmt zu werden? Zu anderen Zeiten und anderswo hätte es geheißen: Füg dich ein ins Kollektiv, Extrawürste gibt es nicht. Aber heute gehört es zum guten Ton, irgendwie besonders zu sein. Dem Selbstdarstellungswillen sind keine Grenzen gesetzt. „Deutschland sucht den Superstar“ – warum soll Ute da nicht auf der Gewinnerseite stehen?

An diese Sendung denkt man, als Ute sich an einen Manager wendet, der einst den Stier Udo entdeckte und durch seine „wissenschaftlichen Trainingsmethoden“ weltberühmt machte. Nun, Erwachsene können sich denken, wie es der Kuh bei diesem Typen ergeht. Es ist ein steiniger Weg zur Berühmtheit, und selbst wer auf dem Gipfel ist, zahlt seinen Preis. Davon handelt das Buch. Ingo Schulze lässt an einen Traum denken, den viele Kinder haben, hinter denen dann auch noch ehrgeizige  Eltern stehen. Aber Utes Freundin Franziska ist anders: Sie will einfach nur, dass es Ute gut geht, lässt sie Erfahrungen machen und hilft ihr aus der Enttäuschung. Zu Hause darf Ute weiterhin ihre Salti drehen – sich und anderen zur Freude. Worauf kommt es denn sonst noch an?

Ingo Schulze: Die Kuh Ute. Illustrationen Hanna Zeckau. Tulipan Verlag, 40 S., geb., 15 €.

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