Willkommen in meinem Literatursalon
Irmtraud_Gutschke

Lesen macht glücklich, weil es uns sagt, wer wir sind und wer wir sein wollen, weil wir über uns hinauswachsen, in fremder Haut erleben dürfen, was uns sonst verschlossen bliebe. Heutzutage scheinen wir ja in Informationen zu ertrinken und haben doch das Gefühl, dass uns Wichtiges fehlt. Was ich suche, sind Bücher, die in diesem Sinne nachdenklich machen, ja auch solche, von denen ein Leuchten ausgeht. Viele Jahrzehnte habe ich als Literaturredakteurin mit Hunderten, ja Tausenden von Texten zu tun gehabt, auch selber Bücher geschrieben. Die Neugier auf Neues will ich hier mit anderen teilen.

„literatursalon.online“: Stellen Sie sich vor, wir sind zusammen in einem schönen Saal, und Sie möchten von mir wissen, was sich zu lesen lohnt. Was interessiert Sie denn, frage ich zurück. Politische Sachbücher? Gute Romane und Erzählungen? Spannende Krimis? Bildbände, die man immer wieder betrachten möchte? Mit meiner Auswahl lade ich Sie zu Ihren eigenen Entdeckungen ein.

Irmtraud Gutschke

Wenn Sie mehr über mich erfahren wollen - meine Biografie, meine Bücher und Veranstaltungen - , schauen Sie auf meine Webseite www.irmtraud-gutschke.de

Maile Meloy: Der Octopus haut ab

Flucht aus dem Glashaus

Irmtraud Gutschke

Die Bilder von Felicita Sala werden sofort alle Blicke auf sich ziehen. Einem Oktopus möchte man in natura eigentlich nicht begegnen. Acht Fangarme mit Saugnäpfen. Daraus kann man Horrorfilme machen. Oktopusse können über einen Meter groß werden. Aber es gibt auch kleinere Arten, die man mit einem Handschuh fangen kann. So geschehen in der Geschichte von Maile Meloy, in der so eine Krake zu Forschungszwecken in ein Aquarium kommt, wo eine Frau im weißen Kittel sie anstarrt und ihr sogar beibringt, mit den Fangarmen auf eine Fotokamera zu drücken. Futter bekam das Tier immer zur selben Zeit. Er brauchte nicht zu jagen.

Vielleicht haben Kinder auch schon mal Fische in einem Aquarium angestarrt. Man möchte ja auch nichts gegen solche Einrichtungen sagen. Andererseits … Völlig verständlich ist es, dass unser Oktopus heraus aus dem Glashaus will. Felicita Sala hat ihn gemalt, wie er die Scheibe herunterrutscht, was ihm niemand zugetraut hätte, und sich unter der Tür hindurchquetscht, wie er sich dann über einen Anlegesteg ins Wasser stürzt und dort dreimal die Farbe wechselt, „einfach weil es Spaß machte“. Da hat man das kleine Wesen schon lieb gewonnen und bewundert es, wie es den langen, gefährlichen Weg zu seiner Höhle auf sich nimmt. Was für eine wunderbar bunte Unterwasserwelt empfängt den Oktopus da!

Was uns die Geschichte sagt: Selbst das komfortabelste Domizil bietet nicht die Freiheit, die man bei sich zu Hause hat.

Maile Meloy: Der Oktopus haut ab. Illustriert von Felicita Sala. Aus dem Englischen von Stefanie Jacobs. Insel Verlag, 40 S., geb., 18 €.

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